Europa in Basel 

6. Nachwirkungen des Konzils in der bildenden Kunst

Europa in Basel - Das Konzil von Basel (1431-1449) als Laboratorium der Kunst6. Nachwirkungen des Konzils in der bildenden Kunst10.24894/978-3-7965-3800-1 Jana Lucas6 . N AC H W I R K U N G E N D E S K O N Z I L S I N D E R B I L D E N D E N K U N S T 265 6.1 Papierherstellung, Buchdruck und Kupferstich in Basel und am Oberrhein Ambivalent stellen sich die Forschungsergebnisse in Hinblick auf die Papierherstellung sowie auf die Entwicklung des Kupferstichs am Oberrhein infolge des Basler Konzils dar. Nach 1433 richtete der Basler Kaufmann Heinrich Halbysen d.Ä. die erste Papiermühle in der Konzilsstadt ein. Entgegen der häufig kolportierten Meinung, die Papiermühle sei gegründet worden, um den gestiegenen Bedarf der Konzilsversammlung an Papier zu decken, kam Hans Kälin nach Auswertung aller noch vorhandenen Konzilsschriften zu dem erstaunlichen Befund, dass davon keine auf Basler Papier geschrieben wurde. 1 Dennoch ist anzunehmen, dass die Papiermühle primär aus der wirtschaftlichen Überlegung heraus eingerichtet wurde, dem zu erwartenden Bedarf an Papier für die Konzilsversammlung nachzukommen. 2 Halbysen stellte interessanterweise für seine Papiermühle Papiermacher aus dem Piemont ein, die das technische Wissen der Papierherstellung besassen und dieses aus Italien über die Alpen nach Basel transportierten. 3 Durch die während des Konzils gestiegene Anzahl an Goldschmieden in Basel existierte hier das technische Knowhow, um eine neue, reproduzierbare Drucktechnik entwickeln und etablieren zu können. Wichtig war in diesem Zusammenhang das Aufrillen von Metallflächen mit einem Stichel, das einen grundlegenden Arbeitsvorgang im Goldschmiedehandwerk ausmachte. 4 Daher wird Basel in der Forschungsliteratur immer wieder genannt, wenn es um die Entwicklung des Kupferstichs im Oberrheingebiet geht. 5 Häufig wird etwa die Verwandtschaft der Figuren des «Meisters der Spielkarten», dessen gedrucktes Kartenspiel schon vor 1446 entstand, mit den Werken des Konrad Witz betont. 6 Jüngeren Forschungsergebnissen zufolge ist dieser frühe Kupferstecher stilistisch aber auch eng mit den Malereien des Staufener Altars 1 Hans Kälin: Papier in Basel bis 1500, Dissertation, Basel 1974, S. 33 und 277. 2 Peter F. Tschudin: Schweizer Papiergeschichte, Basel 1991, S. 24. 3 Franz Irsigler: Überregionale Verflechtungen der Papierer. Migration und Technologietransfer vom 14. bis zum 17. Jahrhundert, in: Knut Schulz (Hg.): Handwerk in Europa. Vom Spätmittelalter bis zur Frühen Neuzeit, München 1999, S. 255-376, hier S. 262 sowie Kälin 1974, S. 143. 4 Koschatzky 1999, S. 108. 5 Immer noch grundlegend zur Entwicklung des Kupferstichs sind die Arbeiten von Lehrs und Geisberg: Geisberg 1905; Max Lehrs: Die Anfänge des Kupferstiches, Leipzig 1924. Daneben vgl. etwa Peter Schmidt: Rhin supérieur ou Bavière? Localisation et mobilité des gravures au milieu du XV e siècle, in: Revue de l’art, 120 (1998), S. 68-88, sowie Ganz 1960, S. 370. Zu den Anfängen des Kupferstichs am Oberrhein siehe auch Friedrich Lippmann: Der Kupferstich, Berlin 1963, bes. S. 11ff., oder Koschatzky 1999, S. 108. 6 Max Geisberg: Geschichte der deutschen Graphik vor Dürer, Berlin 1939, S. 162. 6 . N A c h w I R K U N g E N D E S K O N z I L S I N D E R B I L D E N D E N K U N S t 266 verwandt und lässt sich somit eher mit der Strassburger Malerei des zweiten Viertels des 15. Jahrhunderts in Verbindung bringen als mit jener aus Basel. 7 Nicht nur in diesem Zusammenhang wäre es gewinnbringend, die Kunstzentren Basel und Strassburg einmal näher miteinander zu vergleichen. Lassen sich bei den Karten des sogenannten «Spielkartenmeisters» zweifelsohne Verbindungen zur Strassburger Malerei herstellen, so sind die Bezüge zur Basler Malerei ebenfalls nicht zu verleugnen. Der Künstler verwendete in seinen Karten als ‹Schildfarbe› das Wappen der Stadt Basel und als ‹Blumenfarbe› Alpenveilchen und Akeleien; seine Figuren verraten in Bewegung und Kleidern den Einfluss von Konrad Witz und seiner Werkstatt. Mit besonderer Sorgfalt ausgeführte Kronen, Halsketten, Gürtel und Bischofsstäbe beweisen eine starke Vertrautheit mit dem Goldschmiedehandwerk. Paul Ganz vermutete daher, der Stecher habe das Goldschmiedehandwerk in Basel ausgeübt, wo es seit Jahrhunderten florierte. 8 Neben dem «Meister der Spielkarten» sind der «Meister von 1446» und besonders der «Meister E.S.» zu nennen, dessen Kupferstiche nicht nur das damals in Basel zu findende praktische Wissen demonstrieren, sondern auch die zur Konzilszeit am Oberrhein entwickelten Bildfindungen mit komplexen räumlichen Strukturen widerspiegeln. Die späten Stiche des «Meisters E.S.» lassen sich in die Jahre um 1467 datieren, der Grossteil seiner Arbeiten dürfte jedoch deutlich früher entstanden sein. 9 Wie genau die genannten Kupferstecher zu Basel in Beziehung standen, wäre das Thema einer weiteren wünschenswerten Studie. 6.2 Süddeutsche Malerei Vor allem die Bildfindungen des Konrad Witz haben weit in die nachfolgende Künstlergeneration hineingewirkt. Eine plastische Personenauffassung und ein Landschaftsverständnis, das in seiner tiefenräumlichen Illusion sowie in seinem Detailreichtum niederländisch anmutet, das aber gleichermassen von den Bildern des Konrad Witz inspiriert sein könnte, birgt das im Zweiten Weltkrieg stark beschädigte Jünteler- Epitaph, 10 welches sich ursprünglich im Kloster Rheinau bei Schaffhausen befand und heute im Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen bewahrt wird (Abb. 156). 11 Durch die Hitzeeinwirkung einer amerikanischen Brandbombe hat sich das Erscheinungs- 7 Höfler 2007, Bd. 1, S. 42ff. 8 Ganz 1960, S. 370f. 9 Höfler 2007, Bd. 1, S. 15. 10 Vgl. Hans Harder: Die Restaurierung der Jünteler-Votivtafel und anderer am 1. April 1944 zerstörter Gemälde, in: Jahresbericht des Museumsvereins Schaffhausen, 1950, S. 7-13, sowie Heinrich Theodor Musper: Altdeutsche Malerei, Köln 1970, S. 19. 11 Meister des Jünteler Epitaphs: Jünteler Epitaph (Kreuztragung und Kreuzigung), 1449. Tempera und Harzöl auf Holz, 95 x 209 cm. Schaffhausen, Museum zu Allerheiligen, Inv.-Nr. 1. 6 . 2 S Ü D D E U t S c h E M A L E R E I 267 bild der 95 x 209 cm grossen Bildtafel stark verändert: Die einst bunten und hellen Farben sind deutlich dunkler geworden; die ursprünglich hell gehaltene Landschaft im Hintergrund wirkt heute finsterer als die vielfigurigen Szenen der Kreuztragung und Kreuzigung im Vordergrund. 12 Der Bildraum wird von einer illusionistisch angelegten Rahmenarchitektur eingefasst, welche die beiden Passionshandlungen im vorderen Teil des Bildes durch eine Mittelsäule voneinander trennt. Der auf der Mittelstütze lastende Balken trägt die Jahreszahl 1449. Hinter den biblischen Szenen erstreckt sich eine weite Landschaft mit verschiedenen Seen, Burgen und Hügeln; am Horizont sind schneebedeckte Gipfel zu erkennen. Am linken Bildrand fällt der Blick auf eine Stadt mit einem mächtigen Tor, aus dem ein Menschenzug drängt, welcher in das Passionsgeschehen im Vordergrund mündet. Vor dem Sattelstein der mittleren Säule ist ein Schildhalter angebracht, der die Wappen des Zunftmeisters Hans Oening und seiner Frau Margareta Jünteler trägt. Rechts unter der Säule sowie am linken Bildrand knien zwei Stifterfiguren, zum einen der Sohn Hans Oenings, Hans Oening d.J., zum anderen dessen Onkel Bernhard Jünteler, der 1448 als Konventuale ins Kloster Rheinau bei Schaffhausen eingetreten war. 13 Die Plastizität der Figuren und ihr stark ausgeprägter Faltenwurf, insbesondere bei der Frauengruppe mit Maria unter dem Kreuz, und ebenso die Gestaltung der Landschaft weisen auf die Kenntnis des Konrad Witz, obgleich die Figurenbehandlung im Allgemeinen gröber ausfällt. Auch die durch starke Schlagschatten bewirkte Illusion der statuettengeschmückten Rahmenarchitektur des Epitaphs wäre ohne das Vorbild der Witz’schen Kunst nicht denkbar. 14 Wie Peter Jezler richtig feststellte, erinnert die Topografie des Hintergrundes an die vulkanisch geprägte Landschaft des Hegaus, der vom Bodensee im Osten, dem Hochrhein im Süden, der Donau im Norden und dem Randen als südwestlichem Ausläufer der Schwäbischen Alb im Westen eingefasst wird. 15 Auf dem Altarbild bilden die Kegelberge, die Seen und die Alpengipfel an der Horizontlinie wiedererkennbare Konstanten, ähnlich wie auf der Tafel des «Wunderbaren Fischzugs» der Genfer See mit der sich im Hintergrund erstreckenden Alpenlandschaft. Die topografischen Eigenheiten werden beim Jünteler-Epitaph im Unterschied zum Genfer Altar allerdings weniger präzise geschildert. Obwohl der künstlerische Ausdruck verglichen mit Konrad Witz expressiver und die Darstellungsweise naiver wirken, verarbeitet der anonyme Künstler des Jünteler-Epitaphs die Errungenschaften aus der Konzilszeit, ohne dabei jedoch in Raumdarstellung und rea- 12 Museum zu Allerheiligen Schaffhausen, Kunstabteilung: Katalog der Gemälde und Skulpturen, Schaffhausen 1989, Kat. Nr. 1, S. 28. 13 Katalog Schaffhausen 1989, S. 28. 14 Hermann Brandt: Eine Bilderhandschrift aus dem Kreise des Konrad Witz, in: Monatshefte für Kunstwissenschaft, 1 (1913), S. 18-26, hier S. 18. 15 Katalog Schaffhausen 1989, S. 29. 6 . N A c h w I R K U N g E N D E S K O N z I L S I N D E R B I L D E N D E N K U N S t 268 listischer Stimmungslage der Bildsprache des «Wunderbaren Fischzugs» direkt zu entsprechen. Eine über das Witz’sche Landschaftskonzept hinausweisende, expressivere Bildlösung offenbart der sogenannte Feldbacher Altar (Abb. 157). 16 Das Passionsretabel wurde nach der Auflösung der thurgauischen Klöster im Jahr 1848 im Zisterzienserinnenkloster Feldbach bei Steckborn am Bodensee (Untersee) gefunden und nach diesem benannt. Der Altar zeigt auf der Mitteltafel eine Kreuzigung mit Maria, Johannes dem Täufer, Johannes dem Evangelisten und der heiligen Katharina vor einer Seelandschaft mit einer Stadt. 17 Die Flügel, die jeweils aus zwei übereinander geordneten Bildsegmenten bestehen, präsentieren aussen links die heiligen Michael und Dionysius, unter diesen Maria Magdalena und die Muttergottes mit Kind, und aussen rechts die heiligen Stephanus und Barbara, darunter die heiligen Dorothea und Agnes. Die Innenseiten der Flügel zeigen links die Kreuztragung Christi, darüber Christus am Ölberg, rechts die Auferstehung, darüber die Grablegung. Bernd Konrad schrieb die Tafeln auf der Grundlage von Infrarotreflektografien zwei verschiedenen Malerhänden zu. 18 Deutlich unterscheiden sich die Figuren der Aussenvon denen der Innentafeln. Auf den Aussentafeln posieren die Heiligen vor einem Goldgrund, ähnlich wie auf den Innentafeln des Heilsspiegelaltars, während die Szenen der geöffneten Flügel sich der Mitteltafel gleich vor einer Landschaft abspielen. Modern mutet auf fast allen Bildern der Festtagsseite die Krümmung des Horizontes an, welche auf die Kugelgestalt der Erde verweist. Vor allem die Hintergrundlandschaft der Mitteltafel suggeriert dies eindrücklich. Die Wiedergabe der naturräumlichen Gegebenheiten mit der konvex gekrümmten Horizontlinie offenbart trotz der deutlich zu erkennenden Charakteristika des Hegaus nochmals eine andere, expressiv-spielerische 16 Zuletzt Beate Fricke: Zur Genealogie von Blutspuren. Blut als Metapher der Transformation auf dem Feldbacher Altar ca. 1450, in: L’Homme. Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft, 21, 2 (2010), S. 11-32. Eine stilistische Einordnung des Altars bietet die Lizentiatsarbeit von Madelaine Witzig-Hager: Der Feldbacher Altar - ein Spiegel der niederländischen ars nova am Bodensee, Lizentiatsarbeit Universität Zürich 2004. Eine Zusammenfassung der Arbeit findet sich in: Kunst und Architektur in der Schweiz, 1 (2006), S. 65f. Des Weiteren vgl. Markus Dekiert: Katalogeintrag Oberrheinischer Meister, Feldbacher Altar, in: Ausst.-Kat. Karlsruhe 2001, Kat. Nr. 36, S. 107-109, hier auch Literaturüberblick, sowie Feldges-Henning 1968, S. 146-149. 17 Anonym: Feldbacher Altar, um 1450/ 1460. Mischtechnik auf Fichtenholz, Mitteltafel 138 x 131 cm, Flügel je 133,5 x 52 cm, Predella verloren. Frauenfeld, Historisches Museum Thurgau, Inv.-Nr. 117. Ob der Altar tatsächlich für das Kloster Feldbach bestimmt war, bleibt zweifelhaft, weisen doch die prominent erscheinenden heiligen Katharina, Johannes d. E. sowie Johannes d. T. vielmehr auf das Dominikanerinnenkloster St. Katharinental bei Diessenhofen, welches der heiligen Katharina geweiht ist und wo zudem traditionell die beiden Johannes stark verehrt wurden. 18 Bernd Konrad: Die spätgotischen Tafeln im Historischen Museum des Kantons Thurgau in Frauenfeld. Untersuchungen zur Unterzeichnung mittels Infrarotreflektografie - zugleich ein Katalog, in: Mitteilungen aus dem Thurgauischen Museum, 30 (1994), S. 9-58, hier S. 24. 6 . 2 S Ü D D E U t S c h E M A L E R E I 269 Qualität als die Art der Landschaftsdarstellung des Konrad Witz, der - wie in Kapitel 2 gezeigt - mit dem detailgetreuen und zugleich idealisierten Abbild Savoyens auf dem Genfer Altar ein Porträt des gut regierten Patrimoniums Petri zu erreichen suchte. Des Weiteren sind hier die Lichtregie, die vor allem auf den Seitentafeln die Horizontlinien in einen sphärischen Nebel gehüllt erscheinen lässt, und die übergrossen Hände und Füsse der Heiligen der Mitteltafel hervorzuheben. Beate Fricke konnte darlegen, wie der anonyme, wohl zugereiste Künstler des Feldbacher Altars das Wissen naturwissenschaftlicher Traktate über die Lichtbrechung, den Regenbogen und die Kugelgestalt der Erde malerisch umsetzte. 19 Bisher ist es nicht gelungen, die Herkunft des Malers des Feldbacher Altars zu bestimmen. Der Künstler weist zwar Anleihen an die Malerei des Konrad Witz auf, ist allerdings nicht in der unmittelbaren Nachfolge des Basler Meisters anzusiedeln. Vielmehr scheint er eine direkte niederländische Prägung erfahren zu haben; dies zeigen die filigrane Gestaltung des Kathedralturmes, der in seiner Monolithhaftigkeit an jenen der Utrechter Domkirche erinnert, ebenso wie das von zahlreichen Schiffen befahrene Gewässer, bei dem die Leichtigkeit niederländischer Hintergrundlandschaften mitschwingt. Eine monografische Arbeit, die die Ursprünge des Altars und seine genauen Bezüge klärt, wäre wünschenswert. 20 Die Datierung der Tafeln bewegt sich in der Forschung zwischen den Jahren von 1450 bis 1470. Marcus Dekiert spricht sich für die Entstehung des Altars um 1460 aus und zieht Vergleichsbeispiele aus der Utrechter Buchmalerei und eine Kreuzigung mit Maria und Johannes eines anonymen Utrechter Tafelmalers von um 1460 heran, auf der sich die Figuren vor einer ähnlichen, durch eine Stadtansicht mit Bergen im Hintergrund geprägten Landschaft befinden. 21 Möglicherweise, so vermutet Dekiert, stamme der Altar aufgrund seines solitären Charakters aus der Hand eines niederländischen Wanderkünstlers, der zur Zeit des Basiliense an den Oberrhein kam. 22 Dass es sich um einen niederländischen beziehungsweise in den Niederlanden geschulten Künstler handelt, dafür spricht meines Erachtens vor allem die präzise Darstellung des mit durchlässigem Masswerk konstruierten, einzeln emporragenden Kathedralturmes. Auch verwendet der Künstler Anleihen an das Stundenbuch der Katharina von Kleve, etwa die leuchtend kolorierten Himmelsstimmungen, sowie an Barthelemy d’Eyck aus dem «Livre du cœur d’amour esprit», in dem ebenfalls die seltene Darstellung einer Nachtszene zu sehen 19 So Beate Fricke im Vortrag «Gestreutes Licht. Beobachtung und Experiment in der Malerei» auf der Tagung «Visuelle Kultur und politischer Wandel - Der südliche Bodenseeraum im Spätmittelalter zwischen Habsburg, Reich und Eidgenossenschaft» am 17.01.2014 in Frauenfeld. 20 In neuerer Zeit sind lediglich eine Lizentiatsarbeit und eine Magisterarbeit zu diesem Thema entstanden: Madelaine Witzig-Hager 2004 und Christina Kallieris: Studien zum Feldbacher Altar, Magisterarbeit, Universität Heidelberg 2002. 21 Dekiert 2002, S. 108f. 22 Ebd., S. 109. 6 . N A c h w I R K U N g E N D E S K O N z I L S I N D E R B I L D E N D E N K U N S t 270 ist. Darüber hinaus geht die radikale Beschneidung des Stadttors auf der Kreuztragungstafel mit den beiden ‹angeschnittenen› Schaulustigen im Fenster auf ein Motiv der zeitgenössischen französischen Buchmalerei zurück: Barthelemy d’Eyck präsentiert diesen Kunstgriff in der Miniatur zum Triumphzug des Theseus in Boccaccios «La Théséide» (um 1469). 23 Madelaine Witzig-Hager ordnet das Retabel einem Künstler zu, der in niederländischer und französischer Kunst geschult ist und datiert die Bilder erst gegen 1470. 24 Letztlich veranschaulicht die gesamte Beschäftigung mit dem Feldbacher Altar, wie mobil Künstler seit der Mitte des 15. Jahrhunderts agierten und wie attraktiv sich zugleich die Kunst von ‹Reisekünstlern› darstellte. Obgleich der «Meister von Uttenheim» nicht in die Region von Bodensee und Oberrhein, sondern nach Südtirol zu verorten ist, ergeben sich stilistische Bezüge zwischen seinem Œuvre und den zuletzt besprochenen Werken, dem Jünteler-Epitaph und dem Feldbacher Altar. Der namentlich nicht bekannte Künstler war in Brixen tätig und erhielt seinen Notnamen von seinem Hauptwerk, 25 dem erhalten gebliebenen Tafelbild eines Marienaltars aus der Pfarrkirche von Uttenheim, das sich heute in der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien befindet. 26 Die Art und Weise, wie der «Meister von Uttenheim» seine Figuren gestaltete, erinnert an die Stilistik des Konrad Witz. Insbesondere die Tafeln des Augustineraltars aus dem Augustiner-Chorherrenstift Neustift bei Brixen (Abb. 158) weisen mit der Tektonisierung der Figuren und ihrer physischen Plastizität sowie ihrer Verspannung im Raum durch Licht und Schatten auf oberrheinischen Einfluss, wie bereits Lukas Madersbacher betont hat. 27 Die statuarischen, massigen Figuren sowie die Brillanz der Farbgebung stellen den «Meister von Uttenheim» deutlich in die Nähe der oberrheinisch-schwäbischen Malerei. 28 Die starken Schlagschatten der Figuren, welche zum Teil von Personen stammen, die sich jenseits des Bildes befinden, sind über Konrad Witz bis auf Jan van Eyck zurück- 23 Zu diesen und den obengenannten Vergleichsbeispielen Witzig-Hager 2006, passim. 24 Ebd., S. 65. 25 Zum «Meister von Uttenheim» allgemein: Irmlind Kmentt: Der Meister der Uttenheimer Tafel: ein Beitrag zur Geschichte der Tiroler Malerei der Spätgotik, Wien 1967; Lukas Madersbacher: Der Meister von Uttenheim, in: Michael Pacher und sein Kreis. Ein Tiroler Künstler der europäischen Spätgotik, 1498- 1998, Ausst.-Kat., Augustiner-Chorherrenstift Neustift 1998, Bozen 1998, S. 127-172; ders.: Der lange Schatten des Jan van Eyck, in: Wolfgang Augustyn / Ulrich Söding (Hg.): 2010, S. 185-205, bes. S. 202, sowie Paul von Naredi-Rainer u. a. (Hg.): Kunst in Tirol, Innsbruck 2007, Bd. 1: Von den Anfängen bis zur Renaissance, S. 523-526. 26 Meister von Uttenheim: Thronende Maria mit den heiligen Margarethe und Barbara (Vorderseite), um 1460/ 1470. Malerei auf Zirbenholz, 161,5 x 152,5 cm. Wien, Österreichische Galerie Belvedere, Inv.-Nr. 4856. Neben den Tafeln in der Österreichischen Galerie schuf der «Meister von Uttenheim» unter anderem zwei Altäre für das Kloster Neustift bei Brixen. 27 Lukas Madersbacher: Spätgotische Malerei und der Übergang zum neuzeitlichen Bild, in: Naredi-Rainer 2007, S. 339-542, hier S. 524. 28 Vgl. Erich Egg: Spätgotik in Südtirol. Malerei und Plastik von 1450 bis 1530, Wien 1973, S. 24. 6 . 2 S Ü D D E U t S c h E M A L E R E I 271 zuführen. 29 Jedoch zeigt der «Meister von Uttenheim» allgemein starke niederländische und italienische Einflüsse, vor allem ein grosses Interesse an der neuen perspektivischen Darstellung. So stellt sich die Frage, ob der «Meister von Uttenheim» Werke des Konrad Witz und seines Umkreises direkt kannte oder ob er auf Zeichnungen, Kupferstiche oder andere Zwischenstufen zurückgreifen konnte. Ob sich tatsächlich eine Verbindung zwischen der oberrheinischen Malerei und dem um 1460/ 1470 tätigen Künstler nachweisen lässt, wäre an anderer Stelle genauer zu untersuchen. 30 Aus der Umgebung von Basel haben sich vom «Meister von Sierentz» Tafeln mit dem heiligen Georg und dem heiligen Martin erhalten, welche in der direkten Nachfolge des Konrad Witz stehen, zugleich jedoch näher an den idealisierten, weit in die Tiefe weisenden Landschaften der niederländischen Malerei orientiert zu sein scheinen (Abb. 9). 31 Weniger innovativ präsentiert sich der «Meister des Lösel-Altars», der seinen Namen nach einem um 1455 vom Johanniter Grossmeister Johann Lösel gestifteten Werk erhalten hat. 32 Ob die sechs überlieferten Tafeln des Lösel-Altars als Innenseiten eines Altarretabels dienten oder vielmehr zu einem Schrein oder Fries gehörten, liess sich bisher nicht rekonstruieren. 33 Offenkundig ist jedoch, dass der anonyme Meister keineswegs die am Oberrhein damals Einzug haltende «ars nova» aufgriff, sondern eine für den Basler Raum typische Malkonvention fortsetzte. Präzise, tiefenräumliche Landschaftsbeobachtungen, die Darstellung von Naturphänomenen oder ein weiterreichendes Verständnis des menschlichen Körpers wie beim «Meister des Feldbacher Altars» oder bei Konrad Witz fehlen. Im Unterschied dazu verarbeiten einige Wandmalereien aus der Umgebung Basels sowie dem weiteren Oberrhein- und Bodenseegebiet die Neuerungen aus der Zeit des Konzils. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang etwa die Wandmalereien in der Peterskirche von Blansingen, die in 29 Madersbacher 2007, S. 524. 30 Schon im Thieme Becker wird im Eintrag zum «Meister der Uttenheimer Tafeln» angemerkt, der Meister sei unter dem Einfluss Michael Pachers und des Bodensee-Oberrheinischen Kunstkreises mit Konrad Witz und dem Basler «Meister von 1445» in Kontakt gekommen. Thieme Becker, Bd. XXXVII, 1950, S. 338. 31 Vgl. Ausst.-Kat. Basel 2011, Kat. Nr. 60 und 61. 32 Johann Lösel hatte ab 1455 das Amt des Grossmeisters des Johanniterorderns inne. Er war als Komtur für die Niederlassungen des Ordens in Basel und Rheinfelden zuständig. Es wird vermutet, dass Lösel den Altar für die Rheinfelder Johanniterkapelle stiftete, für die er sich besonders einsetzte. Heute befinden sich die Tafeln mit der Geburt Johannes des Täufers, der Taufe Christi, der Verklärung Christi, der Auferstehung Christi, dem Marientod sowie mit dem Stifter mit der heiligen Barbara im Kunstmuseum Basel, im Musée des Beaux-Arts in Dijon, im Rathaus von Rheinfelden sowie im Musée des Beaux-Arts in Mulhouse. Vgl. ebd., Kat. Nr. 82-87. 33 Katharina Georgi, Lösel-Altar, in: Ausst.-Kat. Basel 2011, S. 337. 6 . N A c h w I R K U N g E N D E S K O N z I L S I N D E R B I L D E N D E N K U N S t 272 der Forschung bisher kaum beachtet wurden, 34 oder die Wandmalereien in der Marienkapelle (Ostwand) der Basler Peterskirche. 35 Das gemeinhin als ältestes Doppelbildnis der altdeutschen Malerei bezeichnete Porträt des Grafen Wilhelm IV. Schenk von Schenkenstein und seiner Frau Agnes von Werdenberg-Trochtelfingen misst nur knapp 15 x 15 cm, 36 wodurch die kleine, für den privaten, profanen Gebrauch bestimmte Lindenholztafel fast wie eine Miniatur anmutet (Abb. 159). 37 Die beiden Halbfiguren stehen einander seitlich zugewandt in einer kastenartigen, purpurfarbenen Steinnische. Über einer vorspringenden, dreiseitigen Balkonbrüstung hält das Paar einen Rosenkranz, der in Form eines Doppelbogens fallend den an der Brüstung montierten Wappen gleichsam als eine Art Bekrönung oder Heiligenschein dient. Der kleine Korallenzweig nimmt einem verkleinerten Spiegelbild gleich die Form der darunter befindlichen Wappendarstellung auf. Im gemeinsamen Spiel der Hände mit dem Rosenkranz wird eine Beziehung der ansonsten in Blick und Haltung isolierten Gatten eröffnet, die in ihren Konsequenzen vom Betrachtenden genauer verfolgt werden kann. 38 Durch die Wappentafeln ist das Paar eindeutig zu identifizieren: Schwarzes Hirschgehörn auf weissem Grund bildet des Wappen des Grafen von Schenkenstein, eine weisse Kirchenfahne auf rotem Grund jenes der Agnes von Werdenberg. Letztere wird im Jahr 1441 als Witwe Ludwigs XI. von Öttingen erwähnt. 39 Wilhelm von Schenkenstein starb 1468. Somit datierte Buchner die Tafel in die Mitte der 1450er Jahre und schrieb sie wie Alfred Stange demselben anonymen Meister zu, der auch zwei Täfelchen mit dem heiligen Hieronymus und einer weiblichen Heiligen gefertigt hat. 40 Das Bild dürfte frühestens nach der Hochzeit des Paares im Jahr 1441 gemalt worden sein. 41 Das kleine Format verrät viel über den ursprünglichen Anbringungsort des Bildes. Buchner vermutet, die Tafel könnte zu einer Stammbaumtafel gehört haben, auf der die Paare in Nischen zusammengefasst erschienen, zumal die energische Gliede- 34 Walter Überwasser: Die Peterskirche zu Blansingen, Regensburg 2005 sowie ders.: Die Kirche von Blansingen und ihre Bilder, in: Badische Heimat, 36 (1956), S. 81-102. 35 Vgl. Maurer 1966, S. 130ff. 36 Schwäbischer Meister, vermutlich Konstanz: Bildnis des Ehepaares Wilhelm IV. Graf Schenk von Schenkenstein und Agnes Gräfin von Werdenberg-Trochtelfingen, um 1455. Tannenholz, 14,9 x 14,9 cm. Schwäbisch Hall, Sammlung Würth, Inv.-Nr. 6468. 37 Ernst Buchner: Das deutsche Bildnis der Spätgotik und der frühen Dürerzeit, Berlin 1953, S. 170. 38 Berthold Hinz: Studien zur Geschichte des Ehepaarbildnisses, in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft, 19 (1974), S. 139-218, hier S. 161. 39 Buchner 1953, S. 170. 40 Stange 1951, S. 31. Vgl. auch Claus Grimm / Bernd Konrad: Die Fürstenbergsammlungen Donaueschingen. Altdeutsche und schweizerische Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts, München 1990, S. 100f. mit Abbildungen der Heiligentafeln. Die Tafeln befinden sich in Privatbesitz. 41 C. Sylvia Weber (Hg.): Alte Meister: der ehemals Fürstlich Fürstenbergische Bilderschatz in der Sammlung Würth, Katalog Kunsthalle Würth, Schwäbisch Hall, Künzelsau 2004, Kat. Nr. 51, S. 208. 6 . 2 S Ü D D E U t S c h E M A L E R E I 273 rung der gelblich-grauen Steinaltane mit den eingetieften Feldern und kräftigen Profilen an eine Architekturmalerei al fresco denken lässt. 42 Doch reicht die Inszenierung der Tafel weit über eine reine Stammbaumgenealogie hinaus, da die Allianz der durch die Wappen symbolisierten Geschlechter durch das Bildnis des lebenden Paares individualisiert wurde. 43 Die kastenartige Nische, in die das Paar gestellt ist, erinnert deutlich an die Aussentafeln des Heilsspiegelaltars, und auch der starke Schatten, den die Körper in die Tiefe des Raumkastens werfen, weist auf eine seit dem Schaffen des Konrad Witz fast zur Konvention gewordene Form der Lichtregie hin. Die Oberflächen der Perlen des Rosenkranzes glänzen durch die Leuchtkraft des von links einfallenden Lichtes und werfen zugleich Schatten auf die Brüstung. Dies zeugt vom grossen Interesse des Malers an der Wiedergabe der Wirklichkeit. Der Strohhut des Grafen spiegelt die niederländische Mode dieser Zeit, ebenso der der Männermode entlehnte Stehkragen seiner Gemahlin. Dennoch handelt es sich lediglich um Anleihen des süddeutschen am niederländischen Kleidungsstil, wie Margaret Scott herausgestellt hat: 44 Der Kragen des Grafen ist zu gerade, und sein Haar trägt er gegenüber niederländischen Konventionen zu lang und zu gelockt. Auch entspricht das Gewand seiner Gattin ebenso wie ihre eingeschnürte Taille keinesfalls der flämischen Mode. 45 Der an eine weisse Schärpe gesteckte Orden mit den in einer Vase befindlichen drei Lilien zeichnet den Grafen als Mitglied des aragonesischen Kannenordens aus. 46 Die berühmteste, diesem Porträt vorausgehende Darstellung des Ordens ist das Bildnis des Minnedichters Oswald von Wolkenstein (1367-1445) in einer Innsbrucker Liederhandschrift aus dem Jahr 1432. 47 Die Teilhabe an dieser ritterlichen Ordensgesellschaft stellte eine hohe Auszeichnung dar. Möglicherweise erhielt 42 Buchner 1953, S. 170. 43 Hinz 1974, S. 148. 44 Margaret Scott: The history of dress series. Late gothic Europe, 1400-1500, London u. a. 1980, S. 212. 45 Ebd. 46 In späteren Bildnissen des süddeutschen Raumes ist die Auszeichnung der Porträtierten mit dem Kannenorden immer wieder anzutreffen, wie etwa beim Bildnis des Heinrich Blarer aus dem Jahr 1460, das sich im Rosgarten Museum in Konstanz befindet. Zur Bedeutung und Geschichte des Kannenordens vgl. Anna Coreth: Der «Orden von der Stola und den Kanndeln und dem Greifen» (Aragonesischer Kannenorden), in: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs, 5. Band, Wien 1952, S. 34-62, sowie D’Arcy Jonathan Dacre Boulton: The knights of the crown. The monarchical orders of knighthood in later mediaeval Europe, 1325 -1520, New York 1987, S. 330-338. 47 Oswald von Wolkenstein, Lieder und Reimpaarreden, um 1432, Universitäts- und Landesbibliothek Innsbruck, Cod. ohne Sign. (Wolkenstein-Handschrift Basel), fol. 1v. Zum Porträt des Dichters vgl. Imre Takács u. a. (Hg.): Sigismundus Rex et Imperator: Kunst und Kultur zur Zeit Sigismunds von Luxemburg, 1387-1437, Katalog Szépművészeti Múzeum Budapest und Musée national d’histoire et d’art Luxemburg, Mainz 2006, S. 343f. (Nr. 4.44). 6 . N A c h w I R K U N g E N D E S K O N z I L S I N D E R B I L D E N D E N K U N S t 274 Wilhelm IV. Graf Schenk von Schenkenstein den Orden auf dem Basler Konzil durch Kaiser Sigismund verliehen. 6.3 Savoyen Den Bildern des Konrad Witz erstaunlich ähnlich erscheinen die dem sogenannten «Hans Witz» zugeschriebenen Werke. 48 Die Ähnlichkeit ist so frappierend, dass diese Bilder gelegentlich sogar dem Basler Meister selbst zugerechnet worden sind. 49 Es handelt sich namentlich um die «Beweinung Christi» aus der Frick Collection in New York, 50 um die «Kreuzigung mit Stifter» 51 aus der Berliner Gemäldegalerie sowie um «Die heilige Familie mit den heiligen Barbara und Katharina in einer Kirche» 52 aus dem Museo di Capodimonte in Neapel (Abb. 160-162). Die Bilder untereinander wirken im Vergleich jedoch heterogen, sodass sie keinesfalls von einer Hand stammen können. 53 Ebenfalls unsicher ist ihre Zuschreibung an jenen «Hans Witz», der weder mit den genannten Werken in Verbindung gebracht werden kann, noch als Künstlerpersönlichkeit wirklich nachweisbar ist. Die Konstruktion des «Hans Witz» beruht auf einer Namensnennung, die zunächst in Chambéry und Genf sowie später am Mailänder Hof der Sforza zu finden ist. Eine Quelle aus dem Jahr 1478 bezeugt, dass Bona von Savoyen, die Witwe Galeazzo Maria Sforzas, einen «Ioannis de Sapientibus sabaudensis pictor insignis» in ihren Dienst genommen habe. 54 Die Verbindung jenes «Ioannes Sapientis» zu den genannten Werken bleibt indes reine Spekulation. 48 Vgl. Sterling 1986; Françoise Rücklin: Konrad Witz et ses commanditaires français, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, 57 (2000), S. 105-130; Elsig 2006b sowie Ausst.-Kat. Basel 2011, S. 219-242. 49 Insbesondere die «Kreuzigung mit Stifter» aus Berlin wurde als eigenhändige Arbeit von Konrad Witz betrachtet. Phillips 1907; Röttgen 1961b, S. 88-93; vgl. auch Ausst.-Kat. Basel 2011, S. 227f. 50 Anonym: Beweinung Christi, um 1450. Tempera und Öl auf Holz, auf Leinwand übertragen, 33,3 x 44,5 cm. New York, Frick Collection, Inv.-Nr. 81.1.172. Es existiert ein weiteres Bild, welches deutlich nach dem Vorbild der Frick-Pietà angefertigt wurde, jedoch zusätzlich einen Stifter zeigt. Die Tafel befindet sich ebenfalls in der Frick Collection. 51 Anonym: Kreuzigung mit Stifter, um 1440/ 1450. Ehemals Holz, auf Leinwand übertragen, 34 x 26 cm. Berlin, Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, Gemäldegalerie, Kat. 1646. 52 Anonym: Die heilige Familie mit den heiligen Barbara und Katharina in einer Kirche, um 1450. Mischtechnik auf Eichenholz, 63,5 x 44,3 cm, Neapel, Museo e Gallerie Nazionali di Capodimonte, Inv.-Nr. Q 4. Eine ausführliche Analyse mit Literaturübersicht findet sich im Ausst.-Kat. Basel 2011, Kat. Nr. 47. 53 Auf Grundlage von Infrarotaufnahmen definierte indes Röttgen die Pinselzeichnung der drei Bilder als äusserst verwandt. Röttgen 1987, S. 98. 54 Die Quelle befindet sich in Mailand, Archivio di Stato, Autografi 102 (abgedruckt in: Ausst.-Kat. Basel 2011, S. 17f.). Zufolge Elsig kam Hans Witz mit einer bayerischen Delegation aus Eichstätt nach Basel, von wo aus er später nach Savoyen ging. Im Jahr 1478 lässt sich ein Hans Witz in Mailand nachweisen. Trotzdem bleibt meiner Ansicht nach, entgegen Elsig, die Frage ungeklärt, ob die drei zu einer Gruppe zu- 6 . 3 S AV O y E N 275 Von den drei Bildern lässt sich vor allem bei der Tafel aus Neapel, die um das Jahr 1450 datiert wird, ein direkter Zusammenhang zur Werkstatt des Konrad Witz vermuten: Die Figur des Josef findet sich auf einer Zeichnung aus dem Witz-Umkreis wieder, der Kirchenraum mit dem Ausblick auf den belebten Vorplatz lässt an die Tafel «Die heiligen Katharina und Maria Magdalena in einem Kirchenschiff» aus Strassburg denken. 55 Schwieriger einzuordnen sind die beiden anderen Bilder. Die Pietà aus der Frick Collection hat Charles Sterling mit Miniaturen aus dem «Mortifiement de Vaine Plaisance» von Jean Colombe in motivische Beziehung gebracht, da die trauernde Frau links auf dem Gemälde einer Frauenfigur aus diesem Manuskript gleiche. 56 Sterling vermutete daher, dass sich beide Bilder - auch die Berliner «Kreuzigung mit Stifter» - um 1480 in Savoyen befanden, wo Colombe tätig war, und die Bilder auch dort entstanden sein könnten. 57 Der Figurenvergleich von Sterling überzeugt in meinen Augen jedoch letztlich nicht. Konsens herrscht indes in der Forschung darüber, dass der unbekannte Maler der Frick-Pietà als enge Verbindung von Konrad Witz nach Savoyen fungiert haben muss. 58 Die Berliner Kreuzigung, die in die Jahre zwischen 1440 und 1450 zu datieren ist, gehört in die direkte Nachfolge des Konrad Witz, wenngleich der Ausdruck der Figuren weicher gestaltet ist als bei diesem und der Aufbau der Hintergrundlandschaft an niederländische Idealtypen erinnert. 59 Röttgen sah in den Figuren eine enge Beziehung zu jenen des Ambraser Hofjagdspiels. 60 In Basel war zudem eine weitere, eigenständige Hand tätig, die sich als stark am Witz’schen Stil orientiert erweist. Dabei handelt es sich um den Künstler der «Heiligen Familie mit den heiligen Barbara und Katharina» in Neapel. Die Pietà aus der Frick Collection und die «Kreuzigung mit Stifter» aus Berlin, die indes keineswegs vom selben Künstler stammen müssen, verbinden die burgundisch-niederländische Landschaftsauffassung mit der figürlichen Plastizität des Konrad Witz. Zweifelsohne sammenzufassenden Bilder in Berlin, New York und möglicherweise auch in Neapel tatsächlich mit dem Namen «Hans Witz» bzw. «Ioannis Sapientis» in Zusammenhang gebracht werden können. Elsig 2006b, S. 317, sowie Elsig 2006, S. 125. Vgl. auch Bodo Brinkmann / Stephan Kemperdick: Die sogenannte «Hans Witz»-Gruppe, in: Ausst.-Kat. Basel 2011, S. 219-223. 55 Den unbekannten Stifter identifizierte Françoise Rücklin aufgrund eines Vergleichs mit einer Porträtmedaille mit René d’Anjou. Die Ähnlichkeit beider Männer ist jedoch nicht so gross, dass es sich zwingend um dieselbe Person handeln muss. Brinkmann erkannte auf dem Gewand der Heiligen Radsegmente und deutete sie damit als heilige Katharina, was sehr einleuchtend erscheint. Vgl. Rücklin 2000, S. 110f., sowie Ausst.-Kat. Basel 2011, S. 241. 56 Sterling 1986, S. 19, Abb. 6. 57 Ebd., S. 25. Vgl. auch Ausst.-Kat. Basel 2011, S. 232. 58 Röttgen 1987, S. 101; Georg Troescher: Burgundische Malerei, Berlin 1966, Bd. 1, S. 341-345; Ausst.- Kat. Basel 2011, S. 232. 59 Ausst.-Kat. Basel 2011, S. 228. 60 Röttgen 1987, S. 101. 6 . N A c h w I R K U N g E N D E S K O N z I L S I N D E R B I L D E N D E N K U N S t 276 müssen die Bilder im Umkreis dieses Meisters entstanden sein, womit ein weiterer beziehungsweise mehrere weitere wichtige Künstler aus der Folgezeit des Basler Konzils greifbar werden. Deutlich nimmt auch die als trompe l’œil gestaltete Grabnische des Philibert de Monthouz, einem Stallmeister von Amadeus VIII., 61 in der Kirche St. Maurice in Annecy auf das Schaffen des Konrad Witz Bezug (Abb. 163). 62 An der Nordwand des Chorraumes wurde in eine fingierte Wandnische ein Tumbengrab mit einem Transi gemalt, um welches zehn trauernde Mönche, ein jeder in einer von einem Bogen überfangenen Nische, gereiht sind. Eine oberhalb der Malerei angebrachte Inschrift erklärt die Szene: l’an mil et lviii et le premier jour du may Noble philibert s[e]ig[neu]r de monthouz et de lyle daness[y] con[s]eiller de trest hault et trest ecella[n]t princes le duc de savoye son trest redoutr s[e] ig[neu]r, et du duc de borgounie en lonour de nostre dame et de sein jorge si desos a fo[n]de sa sepulture Et trepassa de se monde en lautre lan mil iiic l viiile xe jour doust pries dieu pour son ame Demzufolge gehörte das gemalte Grabmal wohl zu einem grösseren Wandmalereiensemble, das sich über die gesamte Nordwand des Chorraumes erstreckte und unter anderem eine thronende Muttergottes mit dem heiligen Georg zeigte. Abgesehen von der Inschrift, die den oberen Abschluss der heute zu sehenden Malerei bildet, existiert eine Beschreibung des Chorraumes aus dem 17. Jahrhundert, die ebenfalls auf den grösseren Bildkontext verweist. 63 Die Darstellung der Mönche mit ihren in Falten gelegten, braunen Soutanen folgt dem Stil des Konrad Witz, wenngleich die Figuren nicht die starke, massive Körperhaftigkeit auszeichnet, welche die Witz’schen Figuren charakterisiert. Die Gesichter der Pleurants stechen optisch besonders hervor, da einzig diese Partien im braunen, rahmenden Gewand barhäutig zum Vorschein kommen. Obwohl sie von Schmerz und Trauer gezeichnet sind, ist den Physiognomien ein lieblicher Ausdruck eigen. Elisabeth Dandel schrieb das filigran gestaltete Wandbild Jean Bapteur zu, welcher Zeit seines Lebens am savoyischen Hof beschäftigt war. 64 Diese Zuschreibung kann in meinen Augen lediglich eine Vermutung bleiben, besonders da 61 Elisabeth Dandel: Annecy: église Saint-Maurice, in: Art et archéologie en Rhône-Alpes, 7 (1998), S. 176- 179. 62 Vgl. Pierre Quarré: La peinture funéraire de Philibert de Monthouz à l’église Saint-Maurice d’Annecy, in: Session. Congrès Archéologique de France. Société Française d’Archéologie, 123 (1965), S. 200-208, hier S. 206f.; Sterling 1986, S. 29ff.; Prochno 2002, S. 110f., sowie Ausst.-Kat. Basel 2011, Kat. Nr. 52. Elsig erkennt im Maler der Grabnische die Hand des Hans Witz. Frédéric Elsig: Notes sur la peinture en Savoie autour de 1450, in: Nuovi studi, 5 (1998), S. 25-28. Eine umfassende Untersuchung dieses herausragenden Kunstwerks steht noch aus. 63 Die Beschreibung des Genfer Steuereinnehmers Maurice Barfelly ist abgedruckt in: Ausst.-Kat. Basel 2011, S. 252f. 64 Dandel 1998, S. 176. 6 . 4 D A S K O N z I L V O N F E R R A R A - F L O R E N z 277 Bapteur das letzte Mal im Jahr 1457 in Morges am Genfer See nachweisbar ist. Nicht leugnen lässt sich hingegen, dass der anonyme Künstler die Werke des Konrad Witz kannte. Bezüge zu Konrad Witz lassen sich leicht rekonstruieren. Die Städte Genf und Annecy, das 1444 zur Hauptstadt Savoyens ernannt wurde, liegen nur vierzig Kilometer voneinander entfernt, und beide Künstler - sowohl Konrad Witz als auch der Schöpfer der Grabnische - waren im Umkreis Felix’ V. tätig. Ob es eine direkte Begegnung zwischen den beiden Malern gegeben hat, ist heute nicht mehr nachvollziehbar, zumal die Wandmalereien der Inschrift zufolge 1458, mehr als zehn Jahre nach dem Tod von Konrad Witz, gefertigt wurden. Nach meiner Auffassung war der anonyme Künstler mit den Werken des Basler Meisters vertraut. Dabei ist nicht nur an die Kenntnis des Genfer Altars zu denken, sondern es erscheint auch nicht abwegig anzunehmen, dass Witz weitere Kunstwerke für den Savoyischen Hof schuf, die nicht mehr erhalten sind. Ausgehend von ihrer Analyse des Grabmals Philipps des Kühnen in der Kartause zu Champmol und der Grabmonumente, die in dessen künstlerischer Nachfolge stehen, vermutete Renate Prochno für das Grabmal von Philibert de Monthouz eine Transformation der in Stein gehauenen Grabmäler des burgundischen Hochadels ins Medium der Malerei. 65 Grund dafür seien die hohen Kosten für die Errichtung eines Marmorgrabes gewesen, die sich der nicht aus dem Adel stammende Monthouz nicht habe leisten können. Sollte der Medientransfer tatsächlich den fehlenden finanziellen Mitteln geschuldet gewesen sein, so hätte dieser zunächst nachteilig erscheinende Umstand letztlich die Schaffung eines an künstlerischer Qualität kaum zu überbietenden Kunstwerkes bewirkt. In diesem Zusammenhang wies Prochno auf die moderne Entwicklung hin, die Pleurants nicht mehr direkt um die Grabtumba zu positionieren, sondern sie in einigem Abstand mit Blick auf den Sarg unter die Nischen zu stellen, wodurch sie nicht mehr wie steinerne Statuetten, sondern wie lebendige Trauernde wirken. 6.4 Das Konzil von Ferrara-Florenz Ausgehend von den ersten Verhandlungen der Basler Konzilsgesandten mit Byzanz und schliesslich bewirkt durch die Präsenz der byzantinischen Gesandtschaft auf dem Konzil von Ferrara-Florenz konnte sich eine «griechisch-lateinische Interkulturalität» 66 etablieren, von der nicht nur orientalisch gekleidete Personen mit ihrem Hofstaat und kultischen Handlungen in ihrer glanzvollen Opulenz als nunmehr fest verankerte Mo- 65 Prochno 2002, S. 110f. 66 Sebastian Kolditz: Johannes VIII. Palaiologos und das Konzil von Ferrara-Florenz (1438/ 39). Das byzantinische Kaisertum im Dialog mit dem Westen (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 60), 2 Bde., Stuttgart 2013/ 14, hier Bd. 1, S. 420. 6 . N A c h w I R K U N g E N D E S K O N z I L S I N D E R B I L D E N D E N K U N S t 278 tive in der europäischen Kunst nördlich und südlich der Alpen zeugen. Vielmehr wurden auch die östliche Theologie und die Schriften der griechischen Antike seit dem Beginn des Basler Konzils stark rezipiert. Als Beispiel sei in diesem Zusammenhang Ambrogio Traversari (1386-1439) genannt, der sich als Übersetzer griechischer Schriften einen Namen machte. Von griechischer Seite darf Kardinal Bessarion (1403-1472) nicht unerwähnt bleiben, der seine Bibliothek, bestehend aus zahlreichen griechischen und lateinischen Handschriften, mit nach Italien brachte. Sie bildete später den Grundstock der Biblioteca Marciana in Venedig. 67 Auf den Bronzetüren von Alt-St. Peter in Rom bildete Filarete im Auftrag Papst Eugens IV. die Geschehnisse des Konzils von Ferrara-Florenz ab. 68 Das Werk wurde der Inschrift zufolge 1445 vollendet. Vasaris Angabe, Filarete habe zwölf Jahre daran gearbeitet, markiert als Beginn der Arbeiten das Jahr 1433. 69 Nachdem Eugen IV. 1434 aus Rom fliehen musste, wurde das Bildprogramm ab 1442 erweitert. Auf den Rahmenleisten zwischen den sechs grossen, paarweise angeordneten Relieffeldern wurden vier schmale Reliefs eingefügt, die die wichtigsten Ereignisse aus dem Pontifikat Eugens IV. der Jahre 1433 bis 1442 schildern. Zu sehen sind hier die Ankunft der Griechen mit Kaiser Johannes VIII. Paläologos und dem Patriarchen Joseph II. auf dem Konzil von Ferrara 1438, die Plenarsitzung in Florenz, in der die Unionsbulle unterzeichnet wurde, sowie die Abreise der Griechen. Das untere Register illustriert die Kaiserkrönung Sigismunds im Jahr 1433 in Rom. Der sich daran anschliessende Ritt durch den Borgo zur Engelsburg sowie die Annahme der Unionsbulle durch die 67 Zu Bessarion vgl. etwa Alfred A. Strnad: Bessarion verstand auch Deutsch, in: Erwin Gatz (Hg.): Römische Kurie, kirchliche Finanzen, Vatikanisches Archiv: Studien zu Ehren von Hermann Hoberg, Bd. 2, Rom 1979, S. 869-881. In Bezug auf die Biblioteca Marciana siehe: John Monfasani: Byzantine scholars in Renaissance Italy: cardinal Bessarion and other emigrés: selected essays, Aldershot 2002, sowie Lotte Labowsky: Bessarion’s library and the Biblioteca Marciana: six early inventories, Rom 1979. 68 Anton Henze: Ein Konzil im Meisterwerk des Filarete, in: Hochland, 55 (1962/ 63), S. 93-95; Ursula Nilgen: Filaretes Bronzetür von St. Peter: Zur Interpretation von Bild und Rahmen, in: Actas del XXIII Congreso internacional de historia del arte, Granada 1973, iii, S. 569-585; ies.: Filaretes Bronzetür von St. Peter in Rom. Ein päpstliches Bildprogramm des 15. Jahrhunderts, in: Jahrbuch des Vereins für christliche Kunst in München e. V., 17 (1988), S. 351-376; C. Lord: Solar imagery in Filarete’s doors to Saint Peter’s, in: Gazette des Beaux-Arts, 87 (1976), S. 143-150; John R. Spencer: Filarete’s bronze doors at St Peter’s: A cooperative project with complications of chronology and technique’, in: John T. Paoletti / Wendy Stedman Sheard (Hg.): Collaboration in Italian Renaissance art, New Haven 1978, S. 33-57; Andreas Thielemann: Altes und Neues Rom: Zu Filaretes Bronzetür. Ein Drehbuch, in: Wallraf-Richartz- Jahrbuch, 63 (2002), S. 33-70; Enrico Parlato: Filarete a Roma, in: Francesca Paola Fiore: La Roma di Leon Battista Alberti: Umanisti, architetti e artisti alla scoperta dell’antico nella città del Quattrocento, Mailand 2005, S. 302-313. 69 Vgl. Ulrich Pfisterer: Filaretes historia und commentarius. Über die Anfänge humanistischer Geschichtstheorie im Bild, in: Valeska von Rosen / Klaus Krüger / Rudolf Preimesberger (Hg.): Der stumme Diskurs der Bilder. Reflexionsformen des Ästhetischen in der Kunst der Frühen Neuzeit, München 2003, S. 139- 176, S. 142. 6 . 5 A U S w I R K U N g E N D E R K O N z I L S B E S c h L Ü S S E A U F D I E K U N S t 279 Jakobiten in Florenz und deren späterer Einzug in Rom fanden ebenfalls Aufnahme in die Reliefs. Die Deutung des gesamten Bildprogramms fasste Ursula Nilgen treffend zusammen: «Das Programm der Haupttür von St. Peter erweist sich in allen Teilen als Manifest der restaurativen Politik Eugens IV. und als Demonstration des päpstlichen Machtanspruchs gegenüber dem von Kaiser und Konzil.» 70 Im Kontext der bereits in Basel angeregten, aber nach dem Zerwürfnis zwischen der Synode und Eugen IV. erst auf den Konzilien von Ferrara-Florenz fortgesetzten Unionsverhandlungen schuf Pisanello 1438 die hier bereits im Zusammenhang des Ambraser Hofjagdspiels angesprochene Porträtmedaille des byzantinischen Kaisers Johannes VIII. Paläologos. 71 Sie prägte in der Folgezeit die Darstellungskonvention orientalisch-byzantinischer Personen in der Malerei der italienischen Renaissance. Verwiesen sei dabei etwa auf Fra Angelicos «Anbetung der heiligen drei Könige» in der Zelle Cosimo de’ Medicis im Dominikanerkloster San Marco in Florenz, auf die Ausmalung der Cappella Medici im Palazzo Medici von Benozzo Gozzoli 1458 oder auf die Wandmalereien Piero della Francescas in Arezzo. 6.5 Auswirkungen der Konzilsbeschlüsse auf die Kunst Ob und wie sich einzelne Konzilsbeschlüsse auf die Kunstproduktion beziehungsweise auf die Entwicklung spezieller Ikonografien ausgewirkt haben, ist im Rahmen dieser Arbeit nicht zu klären. Es erschiene aber lohnend zu untersuchen, wie die Beschlüsse des Basler Konzils in Werken bildender Kunst reflektiert wurden. Hier wäre etwa die Lehre der «Immaculata Conceptio Beatae Mariae Virginis» (1439) zu nennen, welche die Unbefleckte Empfängnis Mariens zum Dogma erhob und die Feier des entsprechenden Festes am 8. Dezember verbindlich machte, 72 oder auch die Untersuchung der Offenbarungen der heiligen Birgitta von Schweden, welche die Jahre von 1433 bis 1436 bestimmte. Im Zuge der kontroversen Beschäftigung mit der bereits 1419 heiliggesprochenen Nonne und in der Folgezeit entstanden zahlreiche Bilder, die die Vita Birgittas präsentieren. 73 Auch könnte den Wechselwirkungen zwischen Philo- 70 Nilgen 1988, S. 374. 71 Vgl. Irving Lavin: Pisanello and the invention of the Renaissance medal, in: Poeschke 1993, S. 67-84. 72 Zum Dekret der Immacolata Conceptio vgl. Helmrath 1987, S. 383-394, sowie Sudmann 2005, S. 204ff. In Bezug auf Interdependenzen von Kunst und Konzil vgl. Nancy Mayberry: The controversy over the Immaculate Conception in medieval and Renaissance art, literature, and society, in: The Journal of Medieval and Renaissance Studies, 2 (1991), S. 207-224. 73 Etwa die Wandmalereien von Johannes Rosenrod in der Kirche von Tensta, Schweden, aus dem Jahr 1437. Vgl. Henrik Cornell / Sigurd Wallin: Johannes Rosenrod: ein schwedischer Maler von 1437, Stockholm 1962; Anna Nilsén: Johannes Rosenrod - ein deutscher Maler in Schweden um 1437, in: Lars Olof Larsson / Jan von Bonsdorff (Hg.): Austausch und Verbindungen in der Kunstgeschichte des Ostseeraums. Homburger Gespräche 9, 22.-25.11.1987, Christian-Albrechts-Universität Kiel, Kiel 1988, S. 43-60;