Katechese (Katechetisch, Katechismus). – 1. K. wird als kirchlicher (später besonders Jugend-)Unterricht verstanden. Das zugrunde liegende
κατηχεῖν[1] ist ein von
Paulus (1. Kor. 14, 19) für die Besonderheit der Unterweisung aufgrunddes Evangeliums geprägter Terminus, der durch seinen Bezug auf Tatsachenwahrheit und gezielte personale Anrede von dem jüdischen wie von dem philosophischen Lehrbegriff unterschieden ist. Das Wort, in der Septuaginta unbekannt, stammt wahrscheinlich aus popularphilosophisch-protreptischem Gebrauch (
Suidas[2]), richtet sich an Hörer, bezieht sich auf Zeugnis (Bericht) und beansprucht Autorität. Es wird früh (Hebr. 5, 11ff.) zum terminus technicus für den christlichen Vorbereitungs- und Taufunterricht (Lk. 1, 4) und zur Grundlage der kirchlichen Institution des Katechumenats. Die ‹Alexandrinische Katechetenschule›
[3] dagegen ist unter
Pantainos und
Clemens eher ein freies christliches Bildungswerk und erst unter
Origenes ein Zentrum kirchlicher Wissenschaft.
Augustinus baut unter den seelsorgerischen Bedingungen Afrikas in ‹De catechizandis rudibus›
[4] die Aufnahme-K. zu einer theologisch, seelsorgerisch und didaktisch durchdachten Lehre vom kirchlichen Unterricht (Katechetik) und zur Religionspädagogik aus: «Durchs Hören glauben, durchs Glauben hoffen, durchs Hoffen lieben lernen».
2. Der nach Karl dem Großen (
Alkuin) in der mittelalterlichen Kirche vernachlässigte religiöse Kinder- und Volksunterricht wird seit dem 14. Jh. dringendes pädagogisches und Reformanliegen
[5] und heißt zunächst selbst ‹Katechismus›. Das Wort erscheint erst im Fortgang der Reformation (zuerst 1525) als Bezeichnung eines Buches. Es knüpft sich dann an
Luthers ‹Catechismus pro pueris et familia› (‹Kleiner Katechismus›, anfangs in Tafeln), 1528/29 neben dem ‹Catechismus praedicatus› (später ‹Großer Katechismus›) erschienen, bevor es, besonders in der Zeit der Glaubensgegensätze, zur Gattungsbezeichnung lehrhafter Kurzfassungen des Selbstverständnisses der Konfessionen (
Calvin 1545,
Canisius 1556) wird.
3. Der schon von
Luther, verstärkt von der Orthodoxie, mit dem Katechismusunterricht verbundene Lernzweck läßt eine autoritative Methode der «Katechisation» entstehen («Text», «Verstand», Anwendung zur Gedächtnisaneignung des Glaubensinhalts
[6]). Gegen den Mechanismus dieses Lernverfahrens entwickelt der Pietismus das Anschauungsprinzip
[7], die Aufklärung
die «Sokratik»
[8] (die Aufgegebenes aus bekannten Voraussetzungen finden lassende Entwicklungsfrage),
Pestalozzi das reformpädagogische Motiv der sittlichreligiösen Elementarbildung.
Kant dagegen bejaht die didaktische Notwendigkeit katechetischer Lehrart für einen im Unterschied von dem religiösen Katechismus und gesondert von ihm als Ganzes «aus der gemeinen Menschenvernunft (seinem Inhalte nach)» zu entwickelnden «rein moralischen Katechism» als «das erste und nothwendigste doctrinale Instrument der Tugendlehre für den noch rohen Zögling»
[9].
4. Eine säkulare Neuorientierung erfährt die Katechismusform selbst im Zeitalter der Aufklärung und der Revolution im Dienst der politischen und nationalen Erziehung. In Deutschland erscheint der Gedanke eines «bürgerlichen Katechismus» lehrhafter, in «patriotischer» und volkspädagogischer Absicht
[10], als Mittel der Verbreitung elementarer Kenntnisse und der Einübung in bürgerlichen, sittlichen, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Pflichten
[11], in Frankreich auf Gemeinschaftshandeln bezogener, kultischer
[12], im Sinne der von
Rousseau im ‹Contrat social›
[13] geforderten «religion civile», bis zu
Saint-Simons ‹Catéchisme des industriels›, in dem die Wissenschaft die Aufgabe der sozialen Einigung und Steuerung übernimmt: «Le catéchisme est le plus important de tous les livres, parce qu'il est le lien scientifique qui unit entre elles toutes les classes de la société»
[14]. In der Nachfolge Saint-Simons veröffentlicht
A. Comte 1852 seinen ‹Catéchisme positiviste› als «catéchisme pour la Religion de l'Humanité»
[15] in der Absicht, auf diese Weise auch jenen seine Lehre zu vermitteln, die seine Werke nicht systematisch zu studieren vermochten.
5. In der mit dem II. Vatikanischen Konzil im Katholizismus einsetzenden Bewegung des «Aggiornamento» (Papst
Johannes XXIII.) der kirchlichen Glaubensverkündigung entsteht das gegenüber dem autoritativen Lehrstil der bisherigen Katechismen neue Bedürfnis eines statt Abfragens Unmündiger die Sprache, Erfahrung und radikalen Fragen der mündigen Laien an die Kirche in kritisch-theologischer Reflexion ernst nehmenden und diskutierenden «Erwachsenenkatechismus»; so bahnbrechend in dem am 7. 10. 1967 von Kardinal
Alfrink nach fünfjähriger Vorarbeit des Höheren Katechetischen Instituts in Nijmwegen der Öffentlichkeit übergebenen Holländischen Katechismus
[16]. Die neuen Wege in der Katechetik blieben nicht unbestritten
[17].